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Andeutungen über den Cirrus-Nebel
#1
Hallo zusammen,
bei den vielen Emissionsnebeln in der Milchstraße fällt es ja wie ich finde nicht leicht, sich für Fotoaktionen auf ein bestimmtes Objekt zu konzentrieren. Mich hatten einige schöne Schmalbandaufnahmen auf Astrobin für den Cirrus eingenommen, so daß ich selbst etwas probieren wollte. Hinzu kam die Erinnerung an ein Herzberger Teleskoptreffen, wo ich am 42"-Dobson (mit Filterrad) zum ersten Mal einen Blick auf den Sturmvogel mit diesen unglaublichen verzwirbelten Strukturen werfen konnte. 

Mit dem Ausflug an den Sommerhimmel war zunächst ein Ausflug in die Geschichte der Fototechnik verbunden, denn die Übersichtsaufnahme sollte mit dem Zeiss Jena MC Sonnar 2.8/200 entstehen. Dieses Objektiv ist nicht mit dem historischen Olympia-Sonnar verwandt; es handelte sich um eine Neuentwicklung aus dem Jahr 1977 nur für das Kleinbildformat.

In der letzten Augustnacht habe ich also eine RGB-Serie mit der ASI1600mmc aufgenommen (mit Blende 4) - Belichtung je Einzelbild 40 s und verwendet sind 60 / 26 / 36 Frames.
Wie zu erwarten ergibt das ein Sterngewimmel mit schwachen Nebelstrukturen (25% der Originalgröße):

[Bild: Cirrus-Sonnar200-1143x868-Kopie.jpg]

Die nächste Gelegenheit am 19.09. ergab 102 brauchbare 60s-Frames mit dem H-alpha-Filter und am 28.09. reichte es endlich bei durchziehenden Wolken für 47 OIII-Frames, ebenfalls zu 60 s.
Bei der Bearbeitung des "Bicolors" kamen überraschenderweise auch recht schwache Nebelteile heraus. Die Sterne sind mit dem Filter "Sternradius verkleinern" in Fitswork noch etwas unterdrückt:

[Bild: Cirrus-Sonnar200-1420x1090-Kopie.jpg]

Das Bild hat 1/3 der originalen Auflösung. Aber selbst 50% sind noch sinnvoll, hier im Ausschnitt:

[Bild: Cirrus-Sonnar200-x-1800x1200-Kopie.jpg]

Für die Detailaufnahmen mit dem APQ fiel tags darauf die Wahl zuerst auf die Hexenhand, also den östlichen Teil mit NGC 6992 und 6995. Der Ausschnitt ist hier mit dem Reducer bei f = 750 mm leichter festzulegen als beim Sturmvogel, zumal man die Kamera so drehen kann, daß die breite Bildseite genau in Nord-Süd-Richtung liegt. Dennoch habe ich das Optimum etwas verfehlt und das nordwestliche Ende des Nebels stösst an den Bildrand:
[Bild: NGC6995-1164x880-Kopie.jpg]

Die Frames sind wieder 60s belichtet; verwendbar waren 93 in OIII und 101 in H-alpha, das macht knapp 3 1/4 Stunden. Problematisch an dem Ergebnis ist das Rauschmuster mangels "dithern", dafür muss noch eine Lösung her. Wahrscheinlich ist das aus Firecapture heraus nicht steuerbar und eine andere Aufnahmesoftware wäre nötig ?

Bei 25% Darstellungsgröße kommt das Rauschen noch nicht heraus, wohl aber bei 50%:

[Bild: NGC6995-x-1395x930-Kopie.jpg]

Am 5. Oktober kam dann endlich der "Sturmvogel" an die Reihe, wobei "Feuervogel" auch sehr treffend ist. Es fiel mir gar nicht leicht, den Bildausschnitt festzulegen. Beim DSO-Browser lässt sich ja der Bildrahmen nach Belieben drehen und verschieben. Setzt man den Vogel eher in die Mitte, um ihm genügend Raum zum Fliegen zu lassen, werden die sich südöstlich anschließenden Nebel ungünstig angeschnitten. Das abmildern zu wollen bedingt natürlich einen Kompromiss wegen der Freiheit des Vogels ;-).

Die Einzelbelichtungen hatte ich nun auf 120 s verdoppelt - in der Hoffnung, daß eine bessere Tiefe als bei der Hexenhand herauskommt:

[Bild: NGC6960-1164x880-Kopie.jpg]

Tatsächlich scheint gerade im H-alpha das Signal etwas stärker zu sein und das Rauschen ist nicht so gemustert. Mit 61 x 120 s für H-alpha und 53 x 120 s für OIII sind hier 3 Std. 48 Min. zusammengekommen.

Im nächsten Sommer möchte ich versuchen, mit längerer Brennweite am 160er Refraktor die hellsten Filamente höher aufzulösen.
Interessant wäre auch ein Vergleich mit länger zurückliegenden Aufnahmen, um vielleicht sogar die Expansion des Nebels sichtbar zu machen.

Mit Hubble-Bildern ist das bekanntlich schon gemacht worden, siehe z.B. hier:
http://hubblesite.org/pubinfo/pdf/2015/29/pdf.pdf
und hier:
http://iopscience.iop.org/article/10.1086/429381/pdf

Viele Grüße
Lars
Folgenden 10 Usern gefällt Lars's Beitrag:
Andreas-TAL (08.12.2018), Christoph (08.12.2018), Florian B. (07.12.2018), Herbipollution (10.12.2018), Karsten (14.12.2018), LarsL. (08.12.2018), Martin.F (08.12.2018), tschetto (09.12.2018), Ulf (07.12.2018), Uwe (06.12.2018)
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#2
Hallo Lars,

das sind doch tolle Ergebnisse. Der Cirrus-Komplex ist visuell am Großgerät wirklich ein "Kracher" und muss einfach in seiner ganzen Schönheit betrachtet werden. Ich denke da gerne an die nächte bei Winfried im 14"er, bei Ralf im 16"er oder bei Bernhard im 24"er. Was da an Strukturen herausgearbeitet werden kann, das müsste man erst mal auf´s Papier bringen. Da wünschte ich mir ... 5 Stunden Zeit!

In den Aufnahmen kommt natürlich noch viel mehr Information, auch in Farbe, durch und erfreut uns als Hobbyastronomen. Wahnsinn!!! Daumen hoch Daumen hoch Daumen hoch

Ich freu mich schon auf Orion... da kann man auch visuell etwas Buntes erahnen!
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
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#3
Hallo Lars!
Tolle Bilder hast Du da gemacht!   Daumen hoch 

Gegen das Rauschmuster hilft vielleicht das Stacken mit dem Sigma-Algorithmus mit verschiedenen Werten.
Oder auch in REGIM das Stacken mit SD-Mask. Am besten das Ergebnis nur für den Hintergrund verwende, sprich mit PS o.ä. einsetzen.

Was auch helfen kann, ist das Bild in Rauschrichtung drehen und im Menüpunkt "Ebnen" mit Filtern wie "Hintergrund ebnen", "Zeilen gleichhell" beackern.
Gibt es auch in anderer Bearbeitungssoftware in ähnlicher Form.
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#4
(06.12.2018, 22:41)Uwe schrieb: Hallo Lars,

Ich denke da gerne an die nächte bei Winfried im 14"er, bei Ralf im 16"er oder bei Bernhard im 24"er.




.... oder am VST mit 2,61 m, gelle Big Grin Big Grin Big Grin
So´n Hobby nimmt ja im wahrsten Sinne des Wortes riesige Ausmaße an Exclamation Daumen hoch
Auch glaube ich nicht, daß hier jeder mit einem 24" um die Ecke kommt ... Confused

Bescheidenheit ist bekanntlich ja auch eine Tugend, nicht das dickste Rohr ist das beste Tongue
Berühmte Entdeckungen wurden mit einem 60-90 cm langem Röhrchen gemacht bei max. ca. 6 - 20-facher Vergrößerung
O.K., ich geb zu, war visuell bestimmt nicht der Brüller (Strehlwert, Farb-Längsfehler, Farb-Querfehler, sphärische Aberration, Asti, Koma, Bildfeldwölbung, kein Lanthanglas in Kombi mit FPL53 und ein komplett wackelnder OAZ ... Du meine Güte, hat der G.G. damals überhaupt was gesehen Cool  ) aber Weltbild verändernd (und ich mein jetzt nicht den Verlag, gelle).

Diese Hobbys ( mit höchstmöglichen Aufwand den geringst möglichen Nutzen erzielen - bei oftmals max. Geldeinsatz) neigen irgendwie immer mehr
zum Spiegelbild der Gesellschaft, die sich scherenhaft in oben und unten, arm und reich, schwarz und weiß, dumm und gebildet (1-Zeller - Mehrzeller),
4-Zöller - 24Zöller Big Grin teilt.

... wo das alles noch hinführen mag Huh
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#5
(08.12.2018, 07:30)Christoph schrieb: Hallo Lars!


Oder auch in REGIM das Stacken mit SD-Mask. Am besten das Ergebnis nur für den Hintergrund verwende, sprich mit PS o.ä. einsetzen.

Was auch helfen kann, ist das Bild in Rauschrichtung drehen und im Menüpunkt "Ebnen" mit Filtern wie "Hintergrund ebnen", "Zeilen gleichhell" beackern.
Gibt es auch in anderer Bearbeitungssoftware in ähnlicher Form.



Hi Lars,

Regim ist mit (oder sogar) das beste Stacking Programm (besser als DSS)!!!
Bei dem SD Mask Modus mußt Du nur aufpassen, das löscht keine Flugzeug- oder Sternschnuppen-Spuren.
Das geht nur im Sigma Modus.

Zum Rauschen und  Bildfeldebnen noch ein Tip:
- Ich benutze seit kurzem das PS-Plugin AstroFlat Pro
  von https://www.prodigitalsoftware.com
... ich finde, es ist jeden Cent wert
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#6
Hallo Leute,


danke für die freundlichen Kommentare und Likes ;-)

>> Uwe: Im Winter bin ich leider wegen einer Flutlichtbeleuchtung vor der Sternwarte arg eingeschränkt an Beobachtungsgelegenheiten. Dabei würde ich auch gern mal den Orionnebel mit dem 12"-Dobson anschauen um vielleicht ein bisschen Farbe zu sehen. So bleiben mir wenigstens die Foto-Farben...
Den Cirrus könnte ich im Sommer aber mit dem OIII-Filter angehen, evtl. wäre das auch etwas für die Besucher.

>> Christoph & astroexcel:
Das Stacken mit anderen Sigma-Einstellungen bzw. mit REGIM probiere ich aus wenn es wieder diesen Effekt gibt, d.h. es kommt nicht immer vor. Ich fürchte ja es ist dieses "fixed pattern noise" wogegen man ja "dithern" soll. Von daher werde ich bei den Aufnahmen künftig nach ein paar Frames den Bildausschnitt etwas verschieben.
Der Workflow sieht bei mir immer noch sehr windschnittig aus: Firecapture > DSS > Fitswork > Affinity Photo (Mac)
Eine Umstellung auf Pixinsight hatte ich mit vorgestellt, allein es fehlt die Zeit für die Einarbeitung. Ab und zu nutze ich dort die simple ABE-Funktion für die Ebnung, die mir z.T. aber mit Fitswork besser gelingt.
Die PS-Schiene mit den Astrofoto-Plugins ist natürlich auch eine Variante, da müsste wieder mit PS angefangen werden...

Bei der Aufnahmetechnik hoffe ich nun, durch den Filtertest hinter das Geheimnis der Höfe an den Sternen zu kommen.

Einen schönen Abend wünscht
Lars
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