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Wie schwarz ist schwarz? - Test & Vergleich
#12
Nachdem die stellenweise recht unsägliche „Diskussion“ im blauen Forum (hoffentlich) ihr Ende erreicht hat
http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC...=11#837912
setze ich meine Beiträge mal hier fort.
Das passt als Fortsetzung zu dem Obigen sowieso besser hier rein und kann auch am Stammtisch anknüpfen, bei dem der ein oder andere ja mal zum „Schwarzseher“ wurde.
https://forum-stellarum.de/showthread.ph...2#pid45222

Als Nutzer von „Black 2.0“ - was ich nicht nur in der Astronomie, sondern auch in der Kunst einsetze - erhielt ich auch die Info, dass eine Weiterentwicklung der Farbe im Gange ist. Der grundsätzliche Hintergrund für die Entwicklung dieser Farben ist eine „Fehde“ zwischen dem Künstler Anish Kapoor und der Kunstszene in England. Mr. Kapoor hat sich (für viel Geld) die künstlerischen Rechte an der ultraschwarzen Farbe „Vantablack“ (das ist ein Kürzel für Vertical Alingned Nano Tube Array) der Firma Surrey NanoSystems gesichert und verwaltet und reglementiert, wer diese Farbe künstlerisch nutzen darf und wer nicht. Das ist offenkundig ein rotes (na ja, vielleicht eher ein schwarzes) Tuch für andere Künstler, da sich die diese ja in ihrer künstlerischen Freiheit kräftig benachteiligt sehen - im Vergleich zu ihrem Kollegen Mr. Kapoor, der Vantablack natürlich ungeniert für seine Projekte nutzt.

Also gingen und gehen viele Projekte in UK gerade dahin, eine Art gleichwertigen Ersatz für Vantablack zu erschaffen, um so Herrn Kapoor seine Millioneninvestition etwas zu vermiesen.

Aber das geschieht immer mit schönen, britischen - und perfekt zum Thema passenden - SCHWARZEN Humor, der, wenn man die Anspielungen erkennt, einen immer wieder zum Grinsen bringt. So muss man auch die Formulierung verstehen, dass Black 2.0 und jetzt erst recht die 3.0-Variante das schwärzeste frei erhältliche Schwarz des Planeten ist und dass man beim Kauf auch  versichern muss nicht Anish Kapoor zu sein. Hi, hi ...

Original ist sind die Varianten Black 2.0 und 3.0 ja Künstlerfarben und genauso kommt Black 3.0 auch daher. Will sagen, die Show gehört zum Geschäft. Aufgestylte Umverpackung, fast wie bei einem Parfüm (das sollte man aber wirklich nicht verwechseln), außen ein fetter, pinker Black 3.0 Schriftzug drauf, nur drinnen ist eben kein Duftwässerchen, sondern das schwärzeste Schwarz des Planeten, das frei erhältlich ist - aha ...

Die Farbe hat eine sehr hohe Viskosität, man braucht tatsächlich, wie es bei den Anwendungsempfehlungen steht, einen vorab nassen Pinsel und den auch nicht abgestreift, sondern voll mit Wasser. Der Vorteil ist, wenn’s einem zu zäh und zu trocken wird, kann man die Pinselspitze einfach ins Wasser tauchen und dann geht’s dünner wieder weiter.

Die Viskosität kommt dadurch zustande, dass da sehr viel Mattierungsmittel, Füllstoffe, kornartige Zusätze ... enthalten sind. Die Farbe hat fast eine Konsistenz wie Zahncreme und eine Haptik wie eine cremige Lackpolitur fürs Auto, aber eine mit leicht abrasiver Wirkung, also um auch hauchdünn zu schleifen. Das alles erinnert fast an feinen Quarzgrund, für die, die mit diesem Begriff etwas anfangen können. Ich schätze die Dicke der Füllstoffe auf dünne 0,1mm und davon sind soviel enthalten, dass da im Laufe der Trocknung (die rund 20 Stunden bis zur vollen Mattierungswirkung dauert) eine komplette „körnige“ Oberfläche entsteht, also Körnchen an Körnchen. Damit entfällt das Problem, dass eine (was die Körnchen angeht) inhomogene Oberfläche erzeugt wird. Sie sind einfach überall. Allerdings muss man nun auch gut aufpassen, dass man keine verschiedenen Schichtdicken fabriziert, man kann das, wie bei einer Mini-Pinsel-Schneeschaufel eben dennoch zusammenschieben (also Körnchen übereinander statt nebeneinander)  - dann braucht man wieder Wasser zum verteilen. Also eine starke Wasserverdünnung ist eigentlich Pflicht, sonst pinselt man Brei. Auch schön, aber für Kindergeburtstage, gibt es bessere Varianten ...

Die offene Zeit ist mit 2-5 min recht kurz, das zeugt davon, dass da insgesamt ganz wenig Wasser beigemischt ist, aber man kann das problemlos ein paar mal mit zusätzlich etwas Wasser verlängern. Ich habe rund 10-15 min gemalt, vor allem deswegen, weil mein weicher Pinsel Haare verloren hat, die ich rausbekommen wollte und es ging immer noch. Danach beginnt die Farbe aber spürbar abzubinden und - würde man dann noch länger rumstreichen oder Rollen - erzeugt man kleine Klumpen und Bröckelchen.

Insgesamt wird der Auftrag deutlich dicker als bei 2.0, also da entsteht eine deutliche dreidimensionaler Mikrostruktur. Das Endergebnis wirkt, als hätte man via Pinsel eine gesprühte Oberfläche aufgebaut.
„Aufbauen“ ist auch ein gutes Stichwort: Für eine optimale Wirkung soll man die Oberfläche schrittweise erstellen, also es werden mehrere dünne Schichten übereinander appliziert (mindestens 2, eher 3) und man benötigt eine recht lange Wartezeit von 20 Stunden, bis die mattierende Wirkung voll da ist. Anscheinend richten sich durch den Trocknungsprozess Füllstoffe auf eine ganz bestimmte Art und Weise zueinander aus, was einen Teil des Mattierungseffekts und auch der Dreidimensionalität erklärt. Nun ist das sicher nicht so, dass man - wie bei Vantablack - solche Nanotubes wie in einem Kristallgitter „züchtet“, aber irgendwas geschieht in diesen 20 Stunden auf und mit der Oberfläche und das ist nicht nur die Verdunstung von Wasser. Das Acrylharz soll höher pigmentiert werden können, das verwendete Pigment soll matter als die „üblichen“ sein und beigefügte transparente Mattierungmittel sollen in der Lage sein, dass Steulicht „totlaufen“ zu lassen. In der Summe ist das Ergebnis für mich extrem überzeugend.

Damit ich das auch unterhalb eines Unilabors zeigen kann und möglichst wenig Variablen auftauchen, habe ich mir einen „Testaufbau“ konstruiert, der zumindest näherungsweise die Mattierungsleistung dokumentieren kann.
Die gerichtete Lichtquelle war ein über ein Netzteil betriebener Helium-Neon Laser aus dem Labor (632,8nm) und die Testflächen waren halt entsprechend beschichtete Oberflächen. Anstelle der Kamera wäre eigentlich ein genormtes, kalibriertes Lumenmeter nötig. Das habe ich nicht und so etwas will ich auch nicht. Ich bin ja hier nicht als (Be)Gutachter der Dunkelheit unterwegs.

Also habe ich die Reflexe auf einem Projektionsschirm zum Austrittswinkel „nur“ fotografiert. Um jegliches parasitäres Licht auszuschalten, fanden die Arbeiten in einem komplett abgedunkelten Raum statt. Die einzige Lichtquelle im Raum war der Laser und das von ihm emittierte Licht (und die abgeklebte grüne Lampe am Netzteil).

   

Die Ergebnisse kommen in einem neuen Beitrag, weil das ingesamt 12 Bilder sind und ich die dann komplett im neuen Post unterbringen kann.

Andreas-TAL
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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Uwe (25.08.2019)
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RE: Wie schwarz ist schwarz? - Test & Vergleich - von Andreas-TAL - 25.08.2019, 16:15



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